Für Arbeitgeber ist die Verbesserung der Effizienz häufig gleichbedeutend mit Optimierung. „Mit weniger mehr zu erreichen“ beinhaltet, die Mitarbeiter dabei zu unterstützen, bessere Ergebnisse zu erzielen und mehr Ideen zu haben, indem man inspirierende Arbeitsbereiche und kollaborativere Arbeitsräume für sie schafft. Durchschnittlich machen die Kosten für Mitarbeiter etwa 80 % der jährlichen Kosten eines Unternehmens aus und so ist eine Steigerung der Produktivität der beste Weg zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens.
Das wird sehr deutlich in modernen Büros – der traditionelle Büroarbeitsplatz, an dem jeder seinen eigenen Schreibtisch hat, hat in vielen Unternehmen ausgedient und wird zunehmend durch Desk-Sharing, agiles Arbeiten und die Nutzung offener Räume ersetzt. „Agiles Arbeiten“ bezieht sich auf die Nutzung effizienter „Multi-Space“-Büros, Home Offices, Co-Working-Center, externer Besprechungen und Projektarbeit. In der Regel gehört auch Desk-Sharing zu einem agilen Arbeitsumfeld. Häufig bieten solche zeitgemäßen Arbeitsräume auch Bereiche für konzentriertes Arbeiten und gemeinsames Arbeiten, die durch „Spaßzonen“ aufgelockert werden, gerne mit Tischfußball, Lounges und erweiterten Küchenbereichen.
Produktivitätsforschung und Arbeitsplatzbestimmungen basieren allerdings noch immer auf dem traditionellen Büroarbeitsplatz und berücksichtigen diese neueren Arten von Arbeitsräumen nicht wirklich. Die über Jahrzehnte gewachsene Wissenschaft der Büroergonomie ist in den Hintergrund getreten.
Arbeitsplatzbewertungen
Viele Unternehmen führen Arbeitsplatzbewertungen nur dann durch, wenn es absolut erforderlich wird. Im Vergleich zur industriellen Produktion ist die Produktivität von Büropersonal nur schwer zu messen, und so wird die Einhaltung der in den Arbeitsschutzbestimmungen von 1992 und den Arbeitsschutzbestimmungen für Bildschirmgeräte festgelegten Mindestanforderungen als lästige Pflicht angesehen, die nicht zu größeren Gewinnen beiträgt.
Der DSE-Fragebogen wird häufig als Teil einer formellen Risikobewertung ausgefüllt, aber nicht als Information betrachtet, die zu Verbesserungen der ergonomischen Gestaltung der Büroumgebung beitragen kann. Die Arbeitsumgebung umfasst beispielsweise Oberflächen, Akustik, Beleuchtung, Heizung und Lüftung, aber Arbeitnehmer werden nur gefragt, ob sie sich „wohlfühlen“ oder nicht. Die Möglichkeit zur Verbesserung anderer Faktoren, die sich sowohl auf das Wohlbefinden als auch auf die Produktivität auswirken, wird hingegen ignoriert.
Die 2013 aktualisierten Workplace Regulations von 1992 gelten für alle Arbeitsplätze, nicht nur für Büros. Sie sind aber auch recht allgemein und lassen viel Interpretationsspielraum oder setzen sogar die Messlatte niedrig an. In Deutschland hingegen gibt es direkte Vorgaben und detaillierte Empfehlungen der DGUV, des Verbandes der deutschen Versicherer, und der Berufsgenossenschaften, der nach Sektoren gegliederten Sozialversicherungsträger, in denen alle Arbeitgeber Mitglied sein müssen. Der Leitfaden für die Gestaltung von Bildschirm- und
Büroarbeitsplätzen (DGUV Information 215-410) enthält detaillierte Spezifikationen, die es der oder dem Verantwortlichen ermöglichen, „zu messen“, ob die Richtlinien befolgt werden.
Globale Unterschiede
Verschiedene Länder bewerten auch Büroflächen unterschiedlich. Der Approved Code of Practice (ACOP) der HSE zur Erweiterung von Regel 10 der Workplace Regulations schlägt einen Richtwert von 11m³ pro Mitarbeiter vor, der vom Boden bis zur Deckenhöhe berechnet wird. In einem Raum mit einer Höhe von 2,40 m wäre eine Fläche von 4,6 m2 erforderlich. Mit anderen Worten – je höher die Decke, desto geringer kann die Bodenfläche sein.
In anderen europäischen Ländern, beispielsweise in Deutschland, wird der Platzbedarf nach Bürotyp und Anzahl der Personen im Raum festgelegt. Die Anforderung an die Raumhöhe (basierend auf der deutschen Umsetzung des EU-Rechts in nationales Recht, Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) der EG-Arbeitsstättenverordnung 89/654/EWG) wird anhand der Anzahl der Mitarbeiter im Raum berechnet und reflektiert das benötigte Luftvolumen. Die Mindestbodenfläche eines Arbeitsplatzes (einschließlich Möbel) sollte 8m2 betragen. Abhängig von der Art des Büros kann sich der Platzbedarf in einem Großraumbüro auf bis zu 12m2 oder 15m2 erhöhen, Wege und gemeinsam genutzte Bereiche wie Lounges oder Meeting-Räume eingeschlossen.
Ergonomie und Wohlbefinden
In Großbritannien sind Arbeitgeber zur Durchführung von Risikobewertungen am Arbeitsplatz verpflichtet, einschließlich der Bewertung des psychosozialen Risikos. Statistiken von Krankenkassen und anderen zeigen seit einigen Jahren einen Anstieg der psychischen Belastung. Aus praktischer Erfahrung weiß ich jedoch, dass Mitarbeiter, die nicht schon sehr früh in die Entwicklung neuer Arbeitsräume oder eine neuen Art der Organisation einbezogen werden, sich häufig dagegen sträuben. Dies schließt oft den Widerstand gegen Großraumbüros ein, mit der Behauptung, dass es zum Beispiel akustische Probleme geben würde, obwohl in der Realität der Geräuschpegel niedriger ist als zuvor. Daher sollte man beachten, dass bei der Messung der Akustik in offenen Räumen aufgrund von Mitarbeiterangaben nur ca. 40 % der Messungen auf physische Auswirkungen (z. B. Kopfschmerzen durch Lärm) zeigen und ca. 60 % auf dem inneren Widerstand der Mitarbeiter (psychologisch) beruhen. Das ist unsere Erfahrung aus Messungen vor Ort in Deutschland.
Mittlerweile setzen viele Unternehmen Wohlfühlprogramme als Instrument ein, um ihre Einstellungsstrategien und den Ruf der Unternehmen in Großbritannien und ganz Europa zu unterstützen. Sie müssen allerdings erkennen, dass die Verantwortung des Arbeitgebers nicht an den Wänden des Gebäudes endet, und sicherstellen, dass auch externe Arbeitsplätze, einschließlich Home Offices oder Co-Working Spaces, ordnungsgemäß ausgestattet sind und das Risiko bewertet wurde.
Die ganzheitliche Betrachtung des Büroarbeitsplatzes ist ein essenzieller Erfolgsfaktor für die Steigerung der Mitarbeiterproduktivität. Ganzheitliche Ergonomie im Büro – wo auch immer sich dieses Büro befindet – ist von entscheidender Bedeutung für das Wohlbefinden und die Vermeidung psychosozialer Risiken. Allerdings sind im Vergleich zur Entwicklung von Forschung und Standards in anderen Bereichen viele der Auswirkungen sich ändernder Organisationsformen noch unbekannt. Von vielen Aspekten der neuen/zukünftigen Arbeit mit Technologien und Organisationen wissen wir noch nicht, wie sie die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen beeinflussen, z. B. der Gebrauch mobiler Geräte, großer Bildschirme/Bildschirmwände, 24 Stunden online zu sein, unabhängiger zu arbeiten etc. Wir brauchen mehr Forschung, um die Vorschriften überarbeiten zu können, und gleichzeitig müssen wir uns mehr auf die Ergonomie konzentrieren, die wir heute kennen, anstatt uns nur auf den Output agiler Arbeit und den unkritischen Einsatz neuester Technologien zu konzentrieren (wie Smartphones, die von dreijährigen Kindern verwendet werden).
Jöerg Bakschas ist Workspace-Spezialist, Change Coach und Design Thinker bei der Adapt Global Group. Er ist Mitglied mehrerer europäischer Komitees, die Normen für Büros ausarbeiten.